{m} Jean Paul Gaultier in München

Baba liebe Leute,

heute melde ich mich mit etwas Kulturelllem wieder, denn diese Woche hat es mich in die Ausstellung der Hypo-Kunsthalle in der Theatinerstraße gelockt. Als modebegeisterter Mensch unserer Zeit war es für mich ein muss, da ich den Namen zwar schon oft gehört hatte, aber nie etwas damit verbinden konnte. Jetzt kann ich es. Definitiv.

Getroffen habe ich mich mit einer alten Freundin, die genauso verrückt nach Mode und besonderen Schätzen ist wie ich, ihr habe ich es schlussendlich auch zu verdanken, dass ich Montag abend dort gelandet bin.

DSC02573

Sehr ansprechend und beeindruckend ist stets die Gestaltung der einzelnen Ausstellungen in der Kunsthalle, ob es nun impressionistische Kunst, römische Häuser aus Pompeji oder eben Mode ist – jedes Thema wird sehr anschaulich und auf eine eigene Art und Weise künstlerisch dargestellt, die es dem Besucher leicht macht, sich in die Thematik einzufinden.

So. Empfangen wurde man gleich von dem Bild, das auf den Plakaten und Eintrittskarten zu sehen ist, gedoppelt mit einer super sparkeling Abendrobe.

DSC02435

Der Glanz und Prunk vergangener Jahrzehnte war dauerhaft sehr präsent und zieht sich durch die ganze Ausstellung. Erst wenn man sich bei der Stilrichtung Punk wiederfindet, realisiert man, dass man sich im 20. Jahrhundert befindet.

Einstieg des Ganzen ist der Salon Gaultiers Großmutter, in dem er sich als Kind oft aufhielt, da ihn die Spitze, der Taft und die Korsettes so faszinierten. Begrüßt wird man also von einem sehr sinnlich-übernatürlichem Flair, der etwas von Dachboden Romantik hat. Nicht im verstaubten Sinne, vielmehr in dem geheimnisvollen und mysteriösen Kontext.

Das Faszinierende an plastichen Ausstellungen ist für mich immer die Beleuchtung und die Anordnung. Schön war hier, dass sich die Torsos mit den Varieté Kostümen gedreht haben, sodass man sie von allen Seiten aus bewundern konnte, und gleichzeitig wirkte es wie ein Tanz. Herrlich waren daher die Schatten. Jede Sekunde eine andersartige Wahrnehmung.

Kommentar mittendrin: es lohnt sich, alle Bilder anzusehen – ich habe mich einmal wieder selbst übertroffen, hehe.

Was mich persönlich gefreut hat, war, Kate Moss mehr als zweimal in schwarz-weiß an der Wand hängen zu sehen; ihre Bilder gaben dem Ganzen etwas sehr Ästhetisches, hoben es ab von der bloßen Darstellung von Mode.

Vom Salon gelangte man in den Matrosen//Seefahrer//Meerjungfrauen//Madonnen-Raum. Hier gab es auf blauem Grund eine Menge maritimer Streifen zu bestaunen, immaculata-artig verklärte Dresses mit Heiligenmotiven und mystisch wirkende Meerjungfrauen-Kostüme. Am besten gefielen mir persönlich die Zusammenstellungen, die schlicht und zeitlos und auf eine bestimmte Art classy sind.

Von dort ging es dann direkt in Richtung Pop-Kultur und Abendroben der Berühmtheiten, die sich alle schon einmal auf dem roten Teppich getummelt haben. Bestes Beispiel – und auch das einzige, das mich angesprochen hat, um ehrlich zu sein – ist das Modell Amy Winehouse. Betitelt mit der Neon-Reklame “les muses” reihen sich hier Namen ein wie Madonna, Conchita und andere Berühmtheiten. Nicht zu übersehen ist immer die Vorliebe für Lingerie//Korsagen und eine extravagante Brustform. Veranschaulicht wird hier durch Monitore, welche originale Modeschauen und Auftritte berühmter Musiker zeigen.

Von den Musen geht es weiter in den Großstadtjungel von Paris. Riesige Leinwäde zeigen ein sich veränderndes Stadtbild von Paris bei Nacht, Miniaturlichter zeigen die Bewegung der Autos und der Hauptverkehrsachsen. Dazwischen aufgereiht die skurillsten und pelzigsten Kleider, die ein Laufsteg je gesehen hat. Ich will nicht schätzen müssen, wie viele Tierhäute in diesem doch sehr großen Raum ausgestellt sind. Es sind jedenfalls erschreckend viele. Da mich das eher abgestoßen hat, konzentrierte ich mich vielmehr auf die Kopfbedeckungen, die es mir tatsächlich total angetan haben.

Über das Bourlesque-Milieu gelangt man anschließend zum großen Laufsteg der Punk-New-Avantgarde, die mit Neonfarben, lasziven Schnitten und Strumpfbändern provoziert, britische Irokesen sowie Jeans en masse. Ganz am Rande versteckt zeigen sich hier sehr edle und auch schlichte Kreationen, die ehrlich gesagt meine Aufmerksamkeit eher auf sich zogen, als der genial konstruierte Laufsteg in der Mitte. Gerade Linien, schlichte Fomen und einfach Farben treffen hier aufeinander, bilden eine stimmige Einheit von Form und Funktion.

Schlussendlichmachen den Höhepunkt Gaultiers Interpretationen von Hochzeitskleidern bzw. Brautdarstellungen. Ob als Indianerhäuptling, übergroßes Gesicht oder filigrane Figur – hier existieren keine Grenzen der Vorstellungskraft. Lediglich die Farbe weiß ist es, die hier etwas Einheitliches darstellt.

Von dort wird man direkt übergeleitet in den anheimelnden Shop zur Ausstellung, in dem auch eine gemütliche Sitzecke einlädt zu verweilen und zu reflektiern//diskutieren. Verabschiedet werden wir von einem original an die schwarze Wand gemalten Schriftzug.

Draußen wartet schon der Weihnachtsengel und viel Glitzer im Innenhof. Es lohnt sich einfach hinzugehen, allein wegen dam Ambiente, der Architektur und der Ausstellungskunst ist es auf jeden Fall eine Empfehlung. Selbst wenn einem der Gegenstand der exhibition nicht gefällt, so ist es dennoch ein Augenschmaus.

Abschließend lässt sich also bemerken, dass es eine durchaus gelungene Präsentation des Werkes ist, man einen guten Einblick in die Biografie und den Wandel des Künstlers erhält und es stets ein Fest für die Augen ist. Allerdings wirkten manche Räume etwas überfüllt und teilweise irgendwie hilflos zusammengestellt, dann war die Anordnung weniger sinnvoll oder hat sich dem Besucher nicht ganz erschlossen. Auch kam bei mir streckenweise eine gewisse Überforderung auf, wenn die Schaufensterpuppen mir zublinzelten, mich ansahen und dabei begannen Stimmübungen für die Oper zu machen.

Trotz allem – sehenswert, sie läuft ja noch weiter bis zum 14. Februar 2016.

Baba und bis bald, euer Tober